Google und die KI-Transformation – Wenn Antworten wichtiger werden als Klicks
Google hat die größte Umstellung seiner Suchmaschine seit fast drei Jahrzehnten vollzogen. Statt klassischer Trefferlisten zeigt die Suchmaschine nun KI-generierte Antwortblöcke direkt über den Suchergebnissen. Diese neue Struktur verändert das Verhalten der Nutzer – und sorgt bei deutschen Unternehmen und Medienhäusern für massive Traffic-Einbrüche.
KI statt Linkliste – Googles neue Antwort-Suche
Seit März 2025 hat Google Mutterkonzern Alphabet die KI-Revolution offiziell eingeläutet. Die klassische Suche wurde um einen Antwortmodus erweitert, der Nutzern direkt kompakte Zusammenfassungen liefert – inklusive Quellenhinweis. In Europa ist zusätzlich ein Chatmodus verfügbar, in dem Google Fragen versteht, weiterführende Aufgaben löst und mit Text oder Tabellen antwortet. Grundlage ist die hauseigene Gemini-KI-Reihe.
Die strategische Idee dahinter: Antworten sollen wichtiger werden als Klicks. Nutzer sollen ihre Information direkt in der Google-Oberfläche finden – ohne die ursprünglichen Websites zu besuchen. Zwar bleibt eine reine „Web“-Ansicht erhalten, doch Google fördert gezielt den neuen KI-Modus.
Neue Werbeflächen – und alte Verlierer
Für Google ist das Modell lukrativ: Über und unter den KI-Antworten erscheinen Premium-Anzeigenplätze, die kontextbezogen auf den Inhalt abgestimmt sind. Analysten von Jefferies und Evercore ISI bewerten diese Strategie als Erfolg – beide erhöhten ihr Kursziel für die Alphabet-Aktie auf über 285 US-Dollar.
Während Google neue Erlöse plant, leiden jedoch viele Unternehmen unter den Folgen. Laut einer Auswertung der SEO-Agentur Seokratie verzeichneten über 100 analysierte deutsche Websites zwischen März und September rund sieben Prozent weniger Besucher, bei einigen lag der Rückgang sogar bei 20 Prozent. Besonders betroffen sind Verlage, Blogs, Bildungsportale und Vergleichsseiten, deren Inhalte direkt von den KI-Antworten zusammengefasst werden.
Eine weitere Untersuchung der Agentur Wordsmattr bestätigt den Trend: Die Click-Through-Rate (CTR) sank im Schnitt um 14 Prozent, während die Zahl der Impressionen nahezu unverändert blieb. Nutzer sehen die Inhalte weiterhin – klicken aber seltener.
Strategien für Publisher und Unternehmen
Die sinkenden Zugriffe gefährden insbesondere Abo-Modelle und Werbeeinnahmen. Viele Verlage reagieren, indem sie stärker auf direkte Zugriffe setzen – etwa über Newsletter, eigene Apps oder wiederkehrende Inhalte, die Nutzer gezielt ansteuern. Auch Suchdienste und Onlineshops müssen ihre Reichweitenstrategien anpassen, da sich die Abhängigkeit von Google weiter verschärft.
Zwischen Innovation und Regulierung
Nach mehreren fehlerhaften oder bizarren KI-Antworten passte Google die Darstellung sensibler Themen an und versprach schnellere Modellanpassungen. Dennoch bleibt die strategische Linie klar: erst die Antwort, dann die Links.
Sowohl in der EU als auch in den USA prüfen Wettbewerbsbehörden derzeit, ob Google mit diesem Modell seine Marktmacht missbraucht. Für viele Website-Betreiber kommt die Prüfung zu spät – der Rückgang von Sichtbarkeit und Klicks ist längst Realität.
(Quelle: Frankfurter Rundschau)